Tipps für die Freiberuflichkeit in der Kinderkrankenpflege
Regelmäßig gehen Anfragen von Kolleg*innen aus dem gesamten Bundesgebiet zu folgenden Fragestellungen ein:
- Was genau ist freiberufliche Kinderkrankenpflege?
- Was muss man beachten?
- Wie kann man eine solche Tätigkeit gestalten?
Die Anfragen kommen von Kolleg*innen, welche nach einer Beschäftigung während der Elternzeit oder eine Alternative zur Beschäftigung innerhalb der Klinikstrukturen suchen; Kinderkrankenpflegefachkräfte, denen bereits Honorartätigkeitsangebote vorliegen, oder auch von Kolleg*innen, welche sich grundsätzlich informieren, weil sie beispielsweise als Diplompflegepädagog*Innen über außerklinische Arbeitsgebiete aufklären wollen.
Aber auch Kolleg*Innen die nach der Weiterbildung zur Familien- Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin in die Freiberuflichkeit starten möchten.
Aus diesem Grunde wollen wir über diesen Artikel eine Grundlage über die Arbeitsfelder, rechtlichen Grundlagen und weiteren Überlegungen zur freiberuflichen Kinderkrankenpflege auch all den Kolleginnen und Kollegen zugänglich machen, die bislang im Klinikalltag von dem Arbeitsfeld der freiberuflichen Kinderkrankenpflege noch wenig oder gar nichts gehört haben. Hier möchten wir Ihnen einen kurzen Überblick geben. Tiefergehende Informationen finden Sie im Mitgliederbereich.
Begriffsbestimmung
Freiberufler werden im § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz beschrieben, dort steht:
“Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe. ” Die Kinderkrankenpflegekraft ordnet sich hier (in den sogenannten Katalogberufen) ein.
- Freiberuflichkeit ist jede nicht gewerbliche selbstständige Tätigkeit, beispielsweise in Erziehung, Bildung, Beratung, Gesundheitspflege, als eigene Dienstleistung.
- Gewerbliche Tätigkeiten sind Tätigkeiten, bei denen etwas mit Gewinn verkauft wird. Dies können auch Dienstleistungen anderer sein (z.B. im Pflegedienst).
Ob Sie Freiberufler sind oder nicht, ist nicht etwa Ihre Entscheidung. Sobald Sie sich selbstständig machen, ergibt sich dieser Status automatisch aufgrund Ihrer Ausbildung und/oder Ihrer Tätigkeit. Entscheidend ist, ob Ihr Beruf zu den sogenannten Katalogberufen zählt. Diese hat der Gesetzgeber in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG fest verankert.
Arbeitsfelder in der Freiberuflichkeit
In der allgemeinen Pflege wird bei der freiberuflichen Pflege häufig die reine krankenpflegerischen Tätigkeit auf Honorarbasis, entweder in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen, als Einzelpflege- oder Honorarkraft in der ambulanten Pflege, in der Verhinderungspflege, der privaten Tagespflege oder in der Integrationshilfe gesehen.
In der freiberuflichen Kinderkrankenpflege liegen die Schwerpunkte der Kolleginnen und Kollegen meist anders. Sie erstrecken sich auch auf folgende Arbeitsfelder:
Beratung rund um die Geburt
- vorbereitende Kurse auf das Elterndasein, z.B. Säuglingspflegekurse
- Materialberatung z.B. Stoffwindelberatung, Trageberatung
- Stillberatung
- Elterntrainings
- Elternberatung
Frühe Hilfen
- Beratung von Familien mit besonderem Beratungsbedarf
- Familienlotsin
- Arbeit für Jugendamt oder Gesundheitsamt oder andere Träger
- Schreibabyberatung, Beratung bei frühkindlichen Regulationsstörungen, Fütterproblematiken, Entwicklungsunterstützung uvm.
Kursleitung
- Stillgrupen
- Babymassage
- Eltern-Kind-Gruppen
- Eltern-Kind-Turnen, Kinderturnen
- Kindermusikkurse (Musikgarten, etc.)
- Geschwisterkurse, Babysitterkurse u.ä.
Gesundheitsberatung
- Wickel- und Hausmittelanwendung, Aromapflege
- Patientenschulung: Diabetesberatung, Asthmatraining, o.ä.
- Erste-Hilfe am Kind
- Gesundheitsförderin in Kindergarten und Grundschule, Klasse 2000
- Präventionsassistentin in Kinderarztpraxen
Freiberufliche "Kinderkranken-PFLEGE"
- Honorarpflegekraft z.B. bei Familien mit persönlichem Budget
- Nachsorge, Case Managerin
- Integrationsfachkraft für kranke Kinder in Schulen und Kindergärten
- MDK-Gutachterin
- Therapie- oder Hilfsmittelbetreuerin im Auftrag der Industrie
- Nurse-Sitting
Erwachsenenbildung
- Trainerin für Basale Stimulation, Kinästhetics
- Freie Pflegepädagogin, Dozentin an Bildungseinrichtungen oder Fortbildungsstätten
- Pflegewissenschaftler/in
- Publizist/in
Rechtliche Bestimmungen: Meldung beim Finanzamt
Für die Anmeldung als Freiberufler*in ist das Finanzamt Ihre erste Anlaufstelle.
Hier müssen Sie sich spätestens vier Wochen nach Aufnahme Ihrer Tätigkeit melden. Die Anmeldung ist theoretisch formlos möglich, in der Regel muss aber via ELSTER der Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ausgefüllt werden.
Wie oben beschrieben wird Ihre freiberufliche Tätigkeit als Kinderkrankenpflegekraft den katalogähnliche Berufen zugeordnet. Nach der Anmeldung beim Finanzamt wird eine neue Steuernummer vergeben. Bei einer gleichzeitigen gewerbliche Tätigkeit muss zusätzlich eine Anmeldung beim Gewerbeamt erfolgen.
Musterbrief an das Finanzamt als Word Dokument herunterladen.
Nebenberufliche Freiberuflichkeit: Arbeitgeber informieren
- Wenn sie in Konkurrenz zum Arbeitgeber tritt (z.B. privates Stillcafé 5 km von der Klinik entfernt, die ebenfalls eines anbietet)
- Wenn das Arbeitszeitgesetzt durchbrochen wird (keine ausreichende Ruhepausen)
- Wenn das erste Arbeitsverhältnis darunter leidet
Finanzielle Hürden
Hinweis: Die nachfolgenden Informationen und Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2022. Die Zahlen können sich von Jahr zu Jahr leicht ändern.
Einkünfte bis 3000 € pro Jahr fallen insbesondere bei Kursleitertätigkeiten für gemeinnützige Bildungsträger evtl. unter die sogenannte „Übungsleiterpauschale“.
Alle freiberuflichen Einkünfte, die nicht unter die Übungsleiterregelung fallen, bzw. die über die 3000 € hinausgehen, werden mit der Anlage GSE bei der Steuererklärung steuerrechtlich erfasst. Hierbei wird eine einfach Einnahme-Überschuss-Rechnung gemacht, d.h. es werden die Einnahmen den Ausgaben gegenübergestellt, um den Gewinn zu ermitteln, der versteuert werden muss. Das Hinzuziehen eines Steuerberaters ist empfehlenswert.
Ab durchschnittlichen Einkünften im Monat von 538 € in einem Minijob / 505 € bei einem freiberuflichen Einkommen ist eine Familienversicherung bei der gesetzlichen Krankenkasse nicht mehr möglich. Eine eigene Krankenversicherung wird notwendig.
Bei einen durchschnittlichen Gewinn von 450 € besteht i.d.R. Rentenversicherungspflicht.
Ab einem Umsatz von 22.000 € pro Jahr besteht Umsatzsteuerpflicht.
Ausnahmen von diesen Regelungen werden Ihnen im Starthilfeseminar, bzw. für Vereinsmitglieder auch in einem persönlichen Beratungsgespräch erläutert.
Scheinselbstständigkeit
Zeichen der selbstständigen Betätigung sind dagegen: unternehmerisches Risiko, freie Gestaltung und Wahl von Arbeitszeit und Einsatzort und mehrere Auftraggeber.
Formalien
Neben der Anmeldung beim Finanzamt ist eine Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft www.bgw-online.de erforderlich, die gesetzliche Unfallversicherung für Betriebsunfälle. Diese käme für Wegeunfälle auf dem Wege zur Arbeitsstätte oder zu den Klienten, oder Unfälle bei der Tätigkeit auf.
Der Abschluss einer Berufshaftpflicht- und Spezial-Straf-Rechtsschutzversicherung ist in jedem Fall empfehlenswert. Bei Bedarf vermittelt der BV KiKra e.V. einen Kontakt zu einem Versicherungsmakler, der mit uns als Berufsverband zusammenarbeitet ein faires Angebot für unsere Mitglieder*innen verhandelt hat.
Ob weitere Versicherungen notwendig werden, hängt sicherlich vom Tätigkeitsfeld des einzelnen Freiberuflers ab.
Die Verdienstgrenzen zur eigenen Sozialversicherungspflicht wurden vorab schon erläutert.
Merke: Für den Start in die Selbstständigkeit
- Anmeldung Finanzamt
- Anmeldung Berufsgenossenschaft
- Berufshaftpflichtversicherung und ggf. eine Spezialstrafrechtschutzversicherung
- bei Teilselbstständigkeit Arbeitgeber informieren
- bei Vollselbstständigkeit Businessplan erstellen (Hierbei handelt es sich um ein stichhaltiges Gründungskonzept mit durchdachter Finanzplanung. Hierfür ist der Besuch eines Existenzgründungsseminars oder eines Gründungsberaters empfehlenswert)
Start in die Freiberuflichkeit
Selbstanalyse
- Wer bin ich?
- Was kann ich?
- Wo will ich hin?
- Was brauche ich dafür?
Marktanalyse
- Wo ist der Bedarf?
- Wer sind meine Ansprechpartner?
- Welche Preise kann/will ich für meine Dienstleistungen verlangen?
Kinderkrankenpflege
Auch einzelne Kliniken fragten bereits bei Personalengpässen, meist über Vermittleragenturen, um kurzzeitig verfügbares Personal auf Honorarbasis an.
Falls solche Tätigkeiten aufgenommen werden, sollte unbedingt die Fragestellung der Scheinselbstständigkeit (s.o.) abgeklärt werden. Die Voraussetzungen als Einzelpflegeperson in der ambulanten Pflege tätig zu werden unterscheiden sich z.T. auch in den Bundesländern und können beim örtlichen MDK erfragt werden.
Die Betreuung ambulanter Pflegedienste gehört nicht zu den Aufgaben des BV KiKra e.V. Hier ist der Bundesverband häusliche Kinderkrankenpflege (www.bhkev.de) der ideale Ansprechpartner.
Sonderfälle: ambulante Pflege, Frühe Hilfen-Tätigkeiten
Viele Kolleginnen nehmen Kontakt mit uns auf, weil sie als Einzelperson in der ambulanten Pflege tätig werden wollen. Hierzu sind die Voraussetzungen jedoch je nach Bundesland unterschiedlich, und zu erfragen bei den örtlichen MDK. Möglichkeiten der Finanzierung ambulanter Pflegeleistungen ergeben sich über
- Krankenkassen im Rahmen der häuslichen Krankenpflege
- Einzelverträge mit Krankenkassen
- Verhinderungspflege, manchmal auch über Sozialamt und Jugendamt
- Hilfe zur Pflege
- Hilfe für Kinder in Notsituationen
- Persönliches Budget
- sowie Drittmittel, sog. Fundraising.
Eine Vernetzung mit bestehenden Institutionen und Pflegediensten ist als Einzelpflegeperson unbedingt empfehlenswert.
Für das Tätigkeitfeld Frühe Hilfen existieren ebenfalls sehr unterschiedliche Modelle, je nach Bundesland, städtischen Begebenheiten, usw.
Eine Tätigkeit und Finanzierung kann erfolgen über die ambulante Kinderkrankenpflege, im Auftrag des Jugendamtes, über das öffentliche Gesundheitswesen (Gesundheitsämter, häufig in Kombination mit Jugend- und Sozialamt, im Rahmen Kurzzeitpflege oder Tagespflege, sowie über regionale und überregionale Projekte, institutsbezogenen Elternschulprojekten, Spenden über gemeinnützige Träger, uvam.)
Empfehlenswert ist eine Anbindung an einen Träger, um in diesem speziellen Gebiet Rückhalt zu bekommen (kollegiale Beratung, Supervision,…)
Schlussbemerkung
Um mit der Tätigkeit dauerhaft auch finanziell zufrieden zu sein, bedarf es ausreichender Vorüberlegungen und einem Gesamtkonzept.
Starterseminar: Freiberuflichkeit in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege
Sie haben noch weitere Fragen? Dann besuchen Sie einfach unser Starterseminar! Dieses Seminar informiert Sie über Grundlagen, Chancen und Risiken in der Freiberuflichkeit als (Familien-) Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin. Die Vorstellung verschiedener Arbeitsfelder gibt Ihnen eine Orientierungshilfe und ermöglicht Ihnen die Entscheidung, ob die Freiberuflichkeit für Sie die richtige Option sein kann und was Sie auf diesem Weg beachten müssen.