Tipps für die Freiberuflichkeit in der Kinderkrankenpflege
Die Anfragen kommen von Kolleginnen und Kollegen, welche nach einer sinnvollen Beschäftigung während der Elternzeit oder eine Alternative zur Beschäftigung innerhalb der Klinikstrukturen suchen; Kolleginnen und Kollegen, denen bereits Honorartätigkeitsangebote vorliegen, oder auch von Kolleginnen und Kollegen, welche sich grundsätzlich informieren, weil sie beispielsweise als Lehrer für Pflegeberufe über außerklinische Arbeitsgebiete aufklären wollen.
Aus diesem Grunde wollen wir über diesen Artikel eine Grundlage über die Arbeitsfelder, rechtlichen Grundlagen und weiteren Überlegungen zur freiberuflichen Kinderkrankenpflege auch all den Kolleginnen und Kollegen zugänglich machen, die bislang im Klinikalltag von dem Arbeitsfeld der freiberuflichen Kinderkrankenpflege noch wenig oder gar nichts gehört haben.
Begriffsbestimmung
- Freiberuflichkeit ist jede nicht gewerbliche selbstständige Tätigkeit, beispielsweise in Erziehung, Bildung, Beratung, Gesundheitspflege, als eigene Dienstleistung.
- Gewerbliche Tätigkeiten sind Tätigkeiten, bei denen etwas mit Gewinn verkauft wird. Dies können auch Dienstleistungen anderer sein (z.B. im Pflegedienst).
Meine ganz persönliche Definition dazu ist:
- Selbstständig arbeiten heißt selbst und ständig arbeiten
- Freiberuflich arbeiten bedeutet frei sein, seine Berufung zu leben
Arbeitsfelder in der Freiberuflichkeit
In der allgemeinen Pflege wird bei der freiberuflichen Pflege häufig die reine krankenpflegerischen Tätigkeit auf Honorarbasis, entweder in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen, als Einzelpflege- oder Honorarkraft in der ambulanten Pflege, in der Verhinderungspflege, der privaten Tagespflege oder in der Integrationshilfe gesehen.
In der freiberuflichen Kinderkrankenpflege liegen die Schwerpunkte der Kolleginnen und Kollegen meist anders. Sie erstrecken sich auch auf folgende Arbeitsfelder:
Beratung rund um die Geburt
- vorbereitende Kurse auf das Elterndasein
- Materialberatung z.B. Stoffwindelberatung, Trageberatung
- Stillberatung
- Elterntrainings
- Elternberatung
Frühe Hilfen
- Beratung von Familien mit besonderem Beratungsbedarf
- Familienlotsin
- Arbeit für Jugendamt oder Gesundheitsamt oder andere Träger
- Schreibabyberatung, Beratung bei frühkindlichen Regulationsstörungen, Fütterproblematiken, Entwicklungsunterstützung uvm.
Kursleitung
- Stillgrupen
- Babymassage
- Eltern-Kind-Gruppen
- Eltern-Kind-Turnen, Kinderturnen
- Kindermusikkurse (Musikgarten, etc.)
- Geschwisterkurse, Babysitterkurse u.ä.
Gesundheitsberatung
- Wickel- und Hausmittelanwendung, Aromapflege
- Patientenschulung: Diabetesberatung, Asthmatraining, o.ä.
- Erste-Hilfe am Kind
- Gesundheitsförderin in Kindergarten und Grundschule, Klasse 2000
- Präventionsassistentin in Kinderarztpraxen
Freiberufliche "Kinderkranken-PFLEGE"
- Honorarpflegekraft z.B. bei Familien mit persönlichem Budget
- Nachsorge, Case Managerin
- Integrationsfachkraft für kranke Kinder in Schulen und Kindergärten
- MDK-Gutachterin
- Therapie- oder Hilfsmittelbetreuerin im Auftrag der Industrie
- Nurse-Sitting
Erwachsenenbildung
- Trainerin für Basale Stimulation, Kinästhetics
- Freie Pflegepädagogin, Dozentin an Bildungseinrichtungen oder Fortbildungsstätten
- Pflegewissenschaftler/in
- Publizist/in
Rechtliche Bestimmungen: Meldung beim Finanzamt

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Ausnahmen von der Umsatzsteuerpflicht als Kleinunternehmer UStG §4 Abs. 19; Heilberuf UStG §4 Abs. 14; Frühe Hilfen im Auftrag der Jugendhilfe USTG §4 Abs. 25.
Nebenberufliche Freiberuflichkeit: Arbeitgeber informieren
- Wenn sie in Konkurrenz zum Arbeitgeber tritt (z.B. privates Stillcafé 5 km von der Klinik entfernt, die ebenfalls eines anbietet)
- Wenn das Arbeitszeitgesetzt durchbrochen wird (keine ausreichende Ruhepausen)
- Wenn das erste Arbeitsverhältnis darunter leidet

Finanzielle Hürden
Alle freiberuflichen Einkünfte, die nicht unter die Übungsleiterregelung fallen, bzw. die über die 2400 € hinausgehen, werden mit der Anlage GSE bei der Steuererklärung steuerrechtlich erfasst. Hierbei wird eine einfach Einnahme-Überschuss-Rechnung gemacht, d.h. es werden die Einnahmen den Ausgaben gegenübergestellt, um den Gewinn zu ermitteln, der versteuert werden muss. Das Hinzuziehen eines Steuerberaters ist empfehlenswert.
Ab durchschnittlichen Einkünften im Monat von 435 € wird eine eigene Krankenversicherung notwendig, falls diese nicht über ein Hauptarbeitsverhältnis abgedeckt ist. Ab einem durchschnittlichen Gewinn von 450 € besteht i.d.R. Rentenversicherungspflicht. Ab einem Umsatz von 17.550 € pro Jahr besteht Umsatzsteuerpflicht.
Ausnahmen von diesen Regelungen werden Ihnen im Starthilfeseminar, bzw. für Vereinsmitglieder auch in einem persönlichen Beratungsgespräch erläutert.
Scheinselbstständigkeit
Zeichen der selbstständigen Betätigung sind dagegen: unternehmerisches Risiko, freie Gestaltung und Wahl von Arbeitszeit und Einsatzort und mehrere Auftraggeber.

Formalien
Der Abschluss einer Freiberuflerhaftpflichtversicherung ist in jedem Fall empfehlenswert. Bei Bedarf vermittelt die Interessengemeinschaft freiberuflich und/oder präventiv tätiger Kinderkrankenschwestern einen Kontakt zu einem Versicherungsmakler, der für eine Freiberuflerhaftpflicht für Kinderkrankenschwestern ein faires Angebot verhandelt hat.
Ob weitere Versicherungen notwendig werden, hängt sicherlich vom Tätigkeitsfeld des einzelnen Freiberuflers ab.
Die Verdienstgrenzen zur eigenen Sozialversicherungspflicht wurden vorab schon erläutert.
Merke: Für den Start in die Selbstständigkeit
- Anmeldung Finanzamt
- Anmeldung Berufsgenossenschaft
- Freiberuflerhaftpflicht
- bei Teilselbstständigkeit Arbeitgeber informieren
- bei Vollselbstständigkeit Businessplan erstellen (Hierbei handelt es sich um ein stichhaltiges Gründungskonzept mit durchdachter Finanzplanung. Hierfür ist der Besuch eines Existenzgründungsseminars oder eines Gründungsberaters empfehlenswert)
Start in die Freiberuflichkeit

Selbstanalyse
- Wer bin ich?
- Was kann ich?
- Wo will ich hin?
- Was brauche ich dafür?
Marktanalyse
- Wo ist der Bedarf?
- Wer sind meine Ansprechpartner?
- Welche Preise kann/will ich für meine Dienstleistungen verlangen?

Kinderkrankenpflege
Falls solche Tätigkeiten aufgenommen werden, sollte unbedingt die Fragestellung der Scheinselbstständigkeit (s.o.) abgeklärt werden. Die Voraussetzungen als Einzelpflegeperson in der ambulanten Pflege tätig zu werden unterscheiden sich z.T. auch in den Bundesländern und können beim örtlichen MDK erfragt werden.
Die Betreuung ambulanter Pflegedienste gehört nicht zu den Aufgaben der Interessengemeinschaft freiberuflich und/oder präventiv tätiger Kinderkrankenschwestern. Hier ist der Bundesverband häusliche Kinderkrankenpflege (www.bhkev.de) der ideale Ansprechpartner.

Sonderfälle: ambulante Pflege, Frühe Hilfen-Tätigkeiten
Viele Kolleginnen nehmen Kontakt mit uns auf, weil sie als Einzelperson in der ambulanten Pflege tätig werden wollen. Hierzu sind die Voraussetzungen jedoch je nach Bundesland unterschiedlich, und zu erfragen bei den örtlichen MDK. Möglichkeiten der Finanzierung ambulanter Pflegeleistungen ergeben sich über
- Krankenkassen im Rahmen der häuslichen Krankenpflege
- Einzelverträge mit Krankenkassen
- Verhinderungspflege, manchmal auch über Sozialamt und Jugendamt
- Hilfe zur Pflege
- Hilfe für Kinder in Notsituationen
- Persönliches Budget
- sowie Drittmittel, sog. Fundraising.
Eine Vernetzung mit bestehenden Institutionen und Pflegediensten ist als Einzelpflegeperson unbedingt empfehlenswert.
Für das Tätigkeitfeld Frühe Hilfen existieren ebenfalls sehr unterschiedliche Modelle, je nach Bundesland, städtischen Begebenheiten, usw.
Eine Tätigkeit und Finanzierung kann erfolgen über die ambulante Kinderkrankenpflege, im Auftrag des Jugendamtes, über das öffentliche Gesundheitswesen (Gesundheitsämter, häufig in Kombination mit Jugend- und Sozialamt, im Rahmen Kurzzeitpflege oder Tagespflege, sowie über regionale und überregionale Projekte, institutsbezogenen Elternschulprojekten, Spenden über gemeinnützige Träger, uvam.)
Empfehlenswert ist eine Anbindung an einen Träger, um in diesem speziellen Gebiet Rückhalt zu bekommen (kollegiale Beratung, Supervision,…)
Schlussbemerkung
Um mit der Tätigkeit dauerhaft auch finanziell zufrieden zu sein, bedarf es ausreichender Vorüberlegungen und einem Gesamtkonzept.